Informationen zum Thema Fechten:

- Historisches Fechten
- Entwicklung
- Fechtschulen
- Deutsche Schule
- Italienische Schule
- Fechtbücher

Historisches Fechten:

Hans Talhoffer, 1459, "Alte Armatur und Ringkunst"

 

Mit "historischem Fechten" ist die ursprüngliche tödliche Kampfkunst gemeint. Ein Allkampfsystem, dass sowohl bewaffnete als auch unbewaffnete Techniken kennt und nutzt. Das Ziel ist das Bezwingen des Gegners und das eigene Überleben.

Durch die Weiterentwicklung und Verbreitung der Schwarzpulver Waffen wurde die Fechtkunst als Selbstverteidigung immer mehr verdrängt und konnte sich zuletzt nur noch als wettkampforientierte Sportform erhalten.

Zur Rekonstruktion der ursprünglichen Kampfkunst dienen vor allem die schriftlichen historische Quellen in Form von Fechtbüchern.

Seit dem 13.Jhd. wurden von unterschiedlichen Fechtmeistern Bücher publiziert, in denen die Fecht- und Ringkunst ihrer Zeit beschrieben wird. Neben dem Studium dieser Werke ist eine praktische Überprüfung und Erprobung unabdinglich.

Entwicklung:
Der Krieg ist der Vater aller Dinge" (Heraklit 540-480 v. Chr.) Die Entwicklung neuer Waffen gehört wohl zu den Dingen auf die der Mensch die meiste Phantasie verwendet hat. Je nach Verwendungszweck wurden unterschiedliche Waffenformen entwickelt und entsprechende Künste in deren Verwendung ausgebildet.

Das Schwert als Waffe ist eine technische Meisterleistung seiner Zeit. Ein gutes Schwert ist ausbalanciert, flexibel und optimal geeignet um einen Gegner höchst effizient auszuschalten. Jedoch ist das Schwert aus militärischer Sicht nicht die wichtigste Waffe gewesen. Es diente mehr der Selbstverteidigung im Nahkampf und im Gottesurteil. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen erlangte das Schwert die gesellschaftlich höchsten ehren.

Auch das Schwert passte sich den jeweiligen Umständen an. So wurde in einer Zeit in der schwere Rüstungen getragen wurden Waffen entwickelt, die diese durchdringen oder durch entsprechende Kunstfertigkeit umgehen konnten. In einer Zeit, in der aufgrund der hohen Waffenentwicklung das Tragen schwerer Rüstungen eher hinderlich war wurden leichtere und schnellere Klingen verwendet und auch die Kampfkunst angepasst. Bis zum 14 Jahrhundert vor allem mit einhändigen zu führenden Schwert und zusätzlichem Schild gefochten - dem Einhänder manchmal auch Breitschwert genannt. (Direkte Übersetzung vom englischen Broadsword. Die ursprüngliche englische Bezeichnung versteht sich als Gegensatz zum Smallsword, einer Degenart, und bezieht sich dabei speziell auf ein Schottisches Breitschwert mit Gefäß, welches auch erst nach dem Mittelalter aufkam. Wie dieser Begriff sich heutzutage auf das mittelalterliche einhändige Schwert beziehen kann ist nicht klar.)

Ein Einhänder ist eine einhändig geführten Schwertformen mit einer relativ breiten, ca. 70 bis 110 cm langen Klinge und einem Gewicht um ca. 1 kg.

Das europäische, mittelalterliche Schwert entwickelte sich im Laufe des Hochmittelalters nahtlos aus der Spatha. Die Klingenformen werden reichhaltiger und wurden mit der Zeit breiter. Der Einhänder ist eine Hieb- und Stichwaffe obwohl der Ort dieses Schwerttyps oft nicht spitz zuläuft sondern rundlich ist. Dies ist jedoch wahrscheinlich gegen das stecken bleiben im gegnerischen (hölzernen) Schildkörper extra so konstruiert. Der runde aber sehr scharfe Ort ist vollkommen ausreichen um ein gegnerisches Kettengeflecht oder minderwertigere Rüstungen zu durchstoßen.

Ab dem 13. Jhd. tauchen die ersten großen Schwerter auf die mit zwei Händen zu führen sind. Diese spezielle Schwertform erlaubt kaum die weitere Nutzung des Schildes als Schutzwaffe. Damit mußte das Schwert auch für die Verteidigung genutzt werden. Dieser Schwerttypus dürfte auch auf die Entwicklung besserer und schwerer zu durchdringender Rüstungen zurückzuführen sein. Durch den langen Griff war eine zu Hilfenahme der zweiten Hand möglich um den Schlag mehr Wucht zu verleihen Diese langen Schwerter gab es in verschiedenen Ausführungen. Einmal mit einem nur etwas verlängerten Griff um die zweite Hand zur "Not" hinzu zunehmen - dem sogenannten Anderthalbhänder. Ein Schwert das also auch einhändig z.B. vom Pferderücken aus genutzt werden kann. Und zum zweiten als Variante mit einem sehr langen Griffstück das unbedingt mit beiden Händen gegriffen werden musste und daher wahrscheinlich vor allem von Fußknechten benutzt wurde. Als dritte Form könnte man die extrem langen Schwerter aufführen die manchmal auch Schlachtschwerter genannt werden.

Durch die Entdeckung des Schwarzpulvers und der Entwicklung der ersten tragbaren Schusswaffen, wurden die Rüstungen weiter verstärkt und mit Platten versehen. Die Reaktion der Waffenentwickler war unter anderem die Fertigung von Schwerter mit verändertem Querschnitt. Die frühen Schwertquerschnitte waren in konvexer Form, besonders auf den Hieb und Schnitt orientiert. Ab dem 14. Jhd. kommen immer mehr Klingen mit Diamantquerschnitt oder Mittelgrat auf die besonders auf den Stoß ausgelegt sind. Natürlich gibt es auch viele Mischformen.

Eine besondere Weiterentwicklung der Stoßklingen ist das sogenannte Bohrschwerter. Diese stumpfen drei oder vierseitige Klingen besaßen sehr harte Spitzen zum durchstoßen der Panzerung. Neben der weiteren Entwicklung von speziellen Schwertformen entstanden zum Beginn des 14. Jahrhunderts auch zivile "Hauswehren" oder auch "Bauernwehr" derer sich in Städten Adelige und Bürger, auf dem Land Bauern bedienten. Diese Waffen gehören zu den Messern und haben entsprechend eine andere Griffbefestigung. Die Hauswehren waren in der Regel kurz 20-60 cm( es gab aber auch zweihändige Kriegs- oder Fechtmesser genannt), für den Nahkampf und leicht um schneller und nicht unbequem zu werden ein gutes Beispiel dafür ist der Dussack eine Böhmische Bauernwaffe mit der speziell in den Fechtschulen geübt wurde.

Fechtschulen:
Vom 14 bis 17 Jahrhundert war das Fechten in Deutschland von großer Bedeutung für das erstarkende Bürgertum der Städte. Fechtmeister reisten umher und unterrichteten in öffentlichen Schulen. Seit 1350 halten wandernde Fechtmeister unter dem Namen "gladiatores" in deutschen Städten Fechtschulen ab.

In Frankfurt am Main erhält 1487 die Fechtergilde "Bruderschaft von St. Markus vom Löwenberge" kurz Marxbrüder genannt von Kaiser Friedrich dem III ein besonderes Privileg. Fortan durften sich die Fechtmeister der Marxbrüder "Meister vom langen Schwert" nennen und als einzige das Fechten unterrichten. Dies war eine wichtige Entscheidung um die Konkurrenz der freien Fechter kleinzuhalten. 1570 gründeten Fechter in Prag eine neue Gesellschaft, die "Federfechter", die dann 1575 auch in Frankfurt am Main gegen den Protest der Marxbrüder vom Rat der Stadt zugelassen wurden. 1607 erhielten die Federfechter die selben Rechte wie die Marxbrüder.

Unterrichtet wurde in der Anfangszeit die Deutsche Schule im Lauf der Zeit jedoch immer stärker auch die Italienische Art.

Deutsche Schule
Effektive Kampfkunst des 14.-16. Jahrhunderts
Die Benamung "Deutsche Schule" leitet sich von der Herkunft der Fechtmeister ab. Die meisten überlieferten Fechtbücher des Zeitraumes (14.-16. Jahrhundert), mit Schwerpunkt auf der Fechtweise mit dem langen Schwert, stammen aus deutsch sprachigen Landen.

Die Deutsche Schule arbeitet sowohl mit dem Hieb, einer Kombination aus Hau und Schnitt, als auch mit dem Stoß oder Stich. Der prägenden Fechtmeister war Johann Liechtenauer (1389), auf den sich ein Grossteil der späteren Meister berufen. Aber auch Liechtenauer hat die Fechtkunst nicht erfunden so schreibt der Autor des Cod.ms.3227a 1389

'das die Kunst des Schwertes "vor manchen hundert Jaren" entwickelt wurde. Eine Menge Referenzen aus Dokumenten stützen seine Behauptung und machen klar, das die Kunst der Waffen in Europa sogar lange vor dem frühesten der überlebenden Fechtbüchern üblich war.' [1]

So hat Liechtenauer um die Fechtkunst zu erlernen selbst 'manch lant durchfaren vnd gesucht durch der selben rechtvertigen vnd worhaftigen kunst wille' ... 'Sein Verdienst (Liechtenauers) besteht darin, als Urheber einer schriftlich fixierten Lehre zum Gewährsmann für alle ihm Nachfolgenden geworden zu sein' [2].

Hans Talhoffer, 1459, "alte Armatur und Ringkunst"

Weitere bekannte deutsche Fechtmeister waren:

Sigmund Ringeck,
Hans Talhoffer,
Hans Lecküchner,...

u.v.m.

 

 

 

Im 16 Jahrhundert entstand in Italien als zivile Form der Selbstverteidigung das Degenfechten zunächst noch stark beeinflusst von der Deutschen Schule aber dann sich immer mehr zum reinen Stoßfechten entwickelnde Kampkunstform. 1568 erschien das Fechtbuch Camilo Agippas "Tratto di scientia d´arme" der als Begründer des Stoßfechtens gilt.

Als primäre Waffe wird das lange Schwert (Anderthalbhänder) genutzt.
'Obwohl der Schwerpunkt auf dem Langschwert lag, entwickelten die deutschen Meister trotzdem ein detailliertes Repetoire von Techniken für alle ritterlichen Waffen, die im Gebrauch waren, einschliesslich des Speers, des Messers (Falchion), des Degens (Dolch), der Mordaxt (Streitaxt) und der Stange. Ringkampf und Entwaffnungstechniken wurden natürlich ebenfalls für alle diese Waffen entwickelt.' [1]

Italienische Schule:

Camillo Agrippa, 1568, "Trattato di Scienza d'Arme"

 

 

Im militärischen Bereich blieb jedoch das Hieb und Stoß Fechten als in seinen Grundzügen leichter erlernbare und gegen Rüstungsträger effektivere System bis ins 19.Jhd. bestehen. In Deutschland versuchte man auch im zivilen Bereich an der althergebrachten Deutschen Schule festzuhalten jedoch musste man bald deren Unterlegenheit gegenüber der schnelleren Methode der Italiener einsehen.

1570 schrieb Jochim Meyer sein Fechtbuch Gründtliche Beschreibung der [...] kunst des Fechtens [...], dass schon stark von der Italienischen Schule beeinflusst war. Neben der Italienischen Schule kam nun auch verstärkt die Spanische und Französische Schule auf die sich zum Beginn des 16.Jahrhunderts nur geringfügig unterschieden.

Die Deutsche Schule wird von vielen Fechtschulen in Form des Bidenhänderfechtens als Übung fortgeführt verliert sich dann jedoch im 17. Jahrhundert. Inzwischen wurde die Italienische Schule von der Französischen verdrängt die, mit dem Florett einem kürzeren und schnelleren Degen ficht und aus der das moderne Sportfechten hervor ging. Lediglich die Fechterdynastie der Kreußler, die ihre Variation der Italienischen Schule focht, konnte dem starken Einfluss der französischen Schule widerstehen. Die Kreußlers wirkten von 1597 bis 1819 als Universitätsfechtmeister in Jena, Leipzig, Wittenberg und Gießen.

Fechtbücher:
Seit dem 13. Jhd. gibt es eine Vielzahl von Handschriften die sich die Fecht- und Ringkunst zum Thema machten. Die Intention dieses Wirkens ist nicht immer sicher zu bestimmen. Einige sind als Auftragswerke für adlige Auftraggeber zu erkennen. Andere sind wohl als Erinnerungshilfe für den Meister als auch seine Schüler entstanden.
'... diese Kunst ist so kompliziert das es schwierig ist sich an sie
ohne die Hilfe von Büchern oder Abhandlungen zu erinnern... ' - (1410 Fiore dei Liberi)


Und ganz sicher sind sie zum Teil auch aus einem Geltungsbedürfniss und einem neuen Selbstbewusstsein der oft bürgerlichen Fechtmeister entstanden.
Den alten Meistern war wohl auch bewusst, dass ihnen durch ihre Bücher keine eigene Konkurrenz entstand. So war ihnen klar das niemand allein aus diesen Büchern die komplexe Fechtkunst erlernen konnte.
'Ein Mann kann den Kampf durch Sprechen und Schreiben nicht so klar erklären,
wie mit den Händen unterrichten und darstellen.' - (1389 Cod.ms.3227a J.Liechtenauer)

Unknown, c1280 "I.33 (Towerfechtbuch)"

Das älteste erhaltene Fecht-Manuskript von einem anonymen Autor stammt von ca.1295, das sogenannte Towerfechtbuch (I33) und befasst sich vor allem mit dem Schwert und Buckler (Faustschild). Das älteste Werk eines bekannten Autoren stammt aus dem Jahre 1389 von Johann Liechtenauer.

 

 

 

 

Eine sehr vollständige chronologische Auflistung der bekannten Fechtbücher ist bei der Aemma zu finden.

'Die epischen Gedichte Deutschlands, die üblicherweise aus dem 13. Jahrhundert stammen, erwähnen häufig schirmmaister (Fechtmeister) und ihre schirmslac (Fechtschläge). Ferner geben zivile Dokumente und Verordnungen aus ganz Europa Hinweise auf berufliche Fechter und Meister; viele davon aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Die Schriften von Chronisten und Historikern enthalten oft Verweise auf die Kunst der Handhabung von Waffen. Ein italienischer Chronist zum Beispiel, der über die Schlacht von Civitate in 1053 schreibt, erwähnt eine Körperschaft von 700 deutschen Söldnern die den Kern der päpstlichen Armee bildeten. Obwohl sie schliesslich von Feind überwältigt wurden, beobachtet der Verfasser wie "sie sich mit dem Schwert auszeichneten", und ihren Gegnern die Köpfe abschlugen. Wenn man die Tatsache berücksichtigt, das Europa vom Fall Roms bis zur Renaissance von einer kriegerischen Elite regiert wurde, wäre es überraschend wenn die Kampfkünste nicht zu einem hohen Grad der Effizenz entwickelt worden wären, lange vor dem Erscheinen des ersten überlebenden Fechtbuchs um das Jahr 1300.' [1]

Quelle:
[1] Matt Galas www.gnu.org/licenses/fdl.html
[2] Dr. Hans Peter Hils, "Meister Johann Liechtenauers Kunst des langen Schwertes"
Edward Oakshott, "Records of the Medieval Sword", Woodbridge, 1994
Wendelin Boeheim, "Handbuch der Waffenkunde", Leipzig, 1890
Gustav Hergesell, "Die Fechtkunst im 15.und 16. Jhd." Prag, 1896 www.magisterium.cz / www.magisterium.de

von Sven Baumgarten